Landeskunde – Migration aus und nach Deutschland
Landeskunde – Migration aus und nach Deutschland
In der Geschichte haben Deutsche im Ausland und Ausländer in Deutschland in ungewöhnlich großer Zahl alle denkbaren Erscheinungsformen erlebt:
Auswanderungen, Einwanderungen, Arbeitswanderungen von Deutschen ins Ausland und von Ausländern nach Deutschland, Flucht- und Zwangswanderungen von Deutschen ins Ausland und von Ausländern nach Deutschland, von Deutschen als Opfern und Tätern.
Auswanderung aus Deutschland
Auswanderung – freiwilliges, dauerndes oder zeitweise (Zeitwanderung) Verlassen des Heimatstaates
Die Gründe der Auswanderung:
? Verbesserung der Berufsperspektiven oder der Wohnsituation
? politische Unzufriedenheit
? höhere Lebensqualität / Lebensstandard
? ein besonderes Interesse an der Bevölkerung, dem Land, der Kultur
? private Gründe (Partnerschaft, Familiengründung)
? klimatische Gegebenheiten
? schiere Abenteuerlust
? idealistische Aspekte (Entwicklungshilfe, Völkerverständigung)
? Erweiterung des persönlichen Horizonts/Erfüllung eines Lebenstraumes
? politische, wirtschaftliche oder religiöse Gründe
Die ersten größten Auswanderungsbewegungen waren in früherer Zeit die Völkerwanderung, die Besiedlung Ost- und Südosteuropas, in den letzten zwei Jahrhunderten die Besiedlung der überseeischen Gebiete durch Auswanderer vorwiegend aus England, Irland, Deutschland, Italien, Osteuropa, Japan und China (Auswanderungsländer).
Von 1830-1930 sind etwa 6 Mio. Deutsche nach Übersee ausgewandert, bereits 1890 war der Gipfel überschritten und die Marge der realisierten Emigrationsprojekte bewegte sich etwas unter 0,1%, um schließlich während der Zeit des Ersten Weltkrieges völlig auszusetzen.
Die 20er und 30er Jahre, geprägt von der Weltwirtschaftskrise und dem aufkommendem Nationalsozialismus, führten zu einem erneuten Anstieg der Zahl der Ausreisewilligen beziehungsweise der Zwangsausgewiesenen auf 0,2%. Diese Tendenz wurde mit der Machtergreifung Hitlers zurückgedrängt und erfuhr eine Zäsur durch die Kriegsjahre 1939-1945.
Nach der bedingungslosen Kapitulation zeitigte die Währungsreform einen weiteren Höhepunkt der Auswanderungsbereitschaft um das Jahr 1950. Diese ebbte trotz des einsetzenden Wirtschaftswunders nur langsam ab.
Seit 1990 geht der Prozentsatz der Auswanderung zwar zurück, ein kontinuierliches Emigrationsverhalten besteht jedoch nach wie vor. Es wird gefördert durch berufliche Mobilitätsanforderungen und das Phänomen des Massentourismus.
Seit dem Schengener Abkommen, dem am 1. April 1998 außer Großbritannien und Irland alle anderen 13 EU-Staaten sowie Island und Norwegen beigetreten sind, ist die innereuropäische Mobilität mit dem Fall der Binnengrenzen deutlich erleichtert worden.
Auswanderung von Deutschen nach Amerika
Das Thema Auswanderung ist sehr aktuell und diskutiert. Vor allem 3 Dinge haben Menschen veranlass, ihre Heimat zu verlassen: Hunger, Kriege und Naturkatastrophen.
Im Deutschland war Anfangs bis Mitte 19.Jh. die Bevölkerungsdichte angestiegen. Die Wirtschaftslage konnte vielen Menschen keinen Arbeitsplatz bieten. Gleichzeitig gab es Naturkatastrophen wie Überschwemmungen z.B. auch am Rhein, die dazu führten, dass Felderzeugnisse mehr oder weniger zu Grunde gegangen sind, dadurch stiegen die Lebensmittelpreise und Hungersnote waren nicht ungewöhnlich. Armut, Unterdruckung, Übervölkerung und wirtschaftliche Krise trafen Europa im 19.Jh. Nach den napoleonischen Kriegen war die Lage katastrophal. In dieser schwierigen Zeit suchten die Auswanderer ihr Heil in Amerika. Amerika wurde als Lande der unbegrenzten Möglichkeiten bekannt.
Was versprachen sich die Auswanderer von Amerika? Von Amerika versprach man sich Arbeitsplatze, fruchtbares bevölkertes Land und nahm an ein Sorgenfreies und besseres Leben im Land der Freiheit zu führen. Arbeit, Zukunft und die Chance, Wohlstand zu erwerben, werden dabei gesucht.
Die erste große Welle: 1851 ? 1855, nach der Erhebung durch den dänischen Krieg
Die meisten Auswanderer waren in der Regel Bauern und Handwerker, gingen aus den wirtschaftlichen Gründen ? in den USA lockte Gold, freies und billiges Land. Durch den Amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) ist die Zahl der Auswanderer aber zurückgegangen.
Weiteren Wellen: 1865 ? 1875, 1880-1893 ? Massenauswanderung, Neu Einwanderung ? bis 1917 (Einwanderungsbeschränkungen)
Es waren in der Mehrzahl Landarbeiter, Dienstknechte oder Tagelöhner, die in der Hoffnung auf einen besseren Verdienst nach Amerika auswandern. Eine weitere Gruppe waren Bauern und Handwerker. Am Ende des 19.Jh. hatte die Auswanderung den Bevölkerung in Deutschland um rund 5 Mio. Menschen verringt.
Was waren die Vor- und Nachteile für die Auswanderer?
+ Ein leicht zu erwerbender Boden, volle Freiheit der Beschäftigungen und Gewerbe, politische und religiöse Freiheit, nach einigen Jahren Aufenthalt erlangten die Einwanderer die gleichen Rechte der Einheimischen
– wer ohne Vermögen nach Amerika kam, musste dort recht schwer arbeiten, weil die Gewerbe frei betrieben wurde und Konkurrenz sehr groß war
Auswanderung nach Russland:
Gründe: Finanzielle und materielle Gründe, Steuerfreiheit in Russland, Aussichten auf Landbesitz, Religiöse Verfolgungen in Deutschland, Überbevölkerung in Deutschland, Hungersnöte, Offenes, freies Land in Russland musste besiedelt werden
1782-1783 Deutsche Kolonisten siedeln im Schwarzmeergebiet, z.B. in St. Petersburg leben rund 17.000 Deutsche
1802-1859 Fast 110.000 Deutsche wandern in den Süden Rußlands (Schwarzmeergebiet) ein, 1814 – Deutsche Ansiedlung in Bessarabien, in Wolhyen, in Bessarabien, 1831 Gründung von Neu-Stuttgart im Kaukasus
Lage der Deustchen im Russland war nicht einfach, es verfolgte sie eine Welle des Russismus, deutschen Siedlungsgebiete werden teilweise russifiziert.
1914 Nach einer Volkszählung leben in Rußland insgesamt 2.416.290 Deutsche. Ohne das Baltikum, Ostpolen und Wolhynien sind es allein in Zentralrußland über 1.700.000 Deutsche
Beginn des I. Weltkrieges. Das Deutsche Reich wird zum Feind des Zarenreiches erklärt. Etwa 300.000 Deutsche dienen trotzdem in der russischen Armee. Obwohl sie russische Staatsbürger sind, wird ihr Grundbesitz beschlagnahmt. Die deutschen Ortsnamen werden 1914 durch russische ersetzt.
2.2.1915 – Liquidationsgesetz: Die im Grenzstreifen bis 150 Kilometer lebenden Deutschen sollen nach Sibirien umgesiedelt werden. Über 50.000 Wolhyniendeutsche werden nach Sibirien verschleppt, Pogrome gegen Deutsche in Moskau. Viele Geschäfte werden geplündert, 40 Deutsche verwundet, drei ermordet. 1917 ? aufgehoben
1928 – Beginn der Kollektivierung, Deportation der enteigneten Mittelbauern in den hohen Norden und nach Sibirien. Schließung der Kirchen.
Ende 1929 – Rund 14.000 Deutsche aus allen Teilen des Landes kommen nach Moskau in der Hoffnung, eine Ausreisegenehmigung zu erhalten. Nach langen Verhandlungen werden 5.671 in Deutschland – nur zur Durchreise! – aufgenommen und nach Nord- und Südamerika weitergeleitet. Die anderen werden gewaltsam zurücktransportiert.
1930 – 50.000 Deutsche von der ersten Massendeportation betroffen.
Ende 1950 – 12,2 Millionen Vertriebene in Deutschland, davon 8,1 Millionen in der Bundesrepublik, darunter nur 70.000 Rußlanddeutsche, also weniger als ein Prozent; in der DDR befinden sich 4,1 Millionen Vertriebene, darunter lediglich 5.000 Rußlanddeutsche.
Gründe des Rückkehr nach dem 2. Weltkrieg:
1. Familienzusammenführung mit Familienangehörigen, die oft schon seit 1945 in der Bundesrepublik leben
2. Verfolgung oder Benachteiligung wegen der deutschen Volkszugehörigkeit in der Sowjetunion, Rumänien und Polen
3. als Deutsche unter Deutschen leben
4. Perspektivlosigkeit wegen der immer noch unzureichenden Demokratisierung und der schlechten wirtschaftlichen Lage
5. Deutsche unterliegen einem hohen Vertreibungsdruck in den asiatischen Republiken der ehemaligen UdSSR
6. bessere berufliche und wirtschaftliche Chancen im Westen
7. für die Kinder eine Situation schaffen, in der sie als Deutsche aufwachsen können
8. religiöse Unterdrückung vor allem der Mennoniten und
9. Baptisten in der ehemaligen Sowjetunion
10. durch die Deportation im 2.Weltkrieg Verlust der Möglichkeiten in rein deutschen Siedlungsgebieten wohnen zu können zerstörte Landschaft und gesundheitliche Belastung durch die ökologische Katastrophe (vor allem in Oberschlesien)
Vier Große Zuwanderungs- und Eingliederungsprozesse hat es im Deutschland seit 1945 gegeben:
1. Die Integration der Flüchtlinge und Vertriebene in West- und Ostdeutschland als Folge des Kriegs
Im Westen wurden sie Heimatvertriebene, im Osten Umsiedler genannt. Im Westen überdauerte die Zuwanderung von Aussiedlern, im Osten dominiert Abwanderung oder Flucht in den Westen ? s.g. Republikflucht.
Heimatvertriebene – diejenigen Deutschen, die ihren Wohnsitz in den deutschen Ostgebieten hatten und von dort geflohen oder vertrieben worden sind oder ihn im Zusammenhang mit dem 2. Weltkrieg verloren haben. Dies gilt auch für die Umsiedler (Rückführung der deutschen Volksgruppen) und die Aussiedler (Rückkehr nach dem 2. Weltkrieg).
2. Gastarbeitfrage ? Einwanderungsproblem
1955 ? deutsch-italienischer Vertrag ? Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte ins das Land des Wirtschaftwunder, nach dem Bau der Mauer kam es zum Ende des Zustroms aus DDR
3. Zuwanderung durch Flüchtlingen und Asylsuchenden
Nach dem 2. Weltkrieg hatte Deutschland weltweit offenste Asylrecht ? berühmte Botschaft im Artikel 16GG ? Politisch verfolgte genießen Asylrecht, die Zahl bis 70-ger Jahren war aber relativ niedrig /nach dem Jahr 1956 aus Ungarn, nach dem Jahr 1686 aus Tschechien/.
Seit 1980 stiegen die Antragszahlen sehr schnell ? die Mehrzeit der Flüchtlinge stammt aus der Dritten Welt und auch aus den Oststaaten ? Probleme für den Sozialstaat.
Bis 1993 hatte Deutschland das liberalste Asylrecht, aber die restriktivste Asylpraxis. Seit der Änderung hat niemand eine Chance Asyl zu bekommen, der aus verfolgungsfreien Ländern stammt.
Ein wesentlicher Grund für die Zunahme der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zuwanderung von rund 13 Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen aus den früheren deutschen Ostprovinzen und aus Osteuropa. Dies dauerte bis zum Bau der Berliner Mauer 1961, die dann die Grenze zum Osten dicht abschloss. Seit Anfang der siebziger Jahre kam dann eine große Anzahl Menschen aus anderen Ländern, besonders aus Südeuropa (aus dem ehemaligen Jugoslawien etwa 12 % und aus Italien etwa 10 %) und der Türkei (etwa 30 %) nach Deutschland, um hier zu arbeiten. Fast 60 % der Ausländer halten sich jetzt schon zehn Jahre oder länger in Deutschland auf.
4. Die Eingliederung der Aussiedler ? deutsche Einwanderer aus Osteuropa
Aussiedlerzuwanderung ist eine Art Rückwanderung über Generationen hinweg ? siehe Gründe der Rückkehr.
Der wirtschaftlichen Lage versuchte man durch die Soforthilfe und durch die Gewährung von Darlehen, Krediten, Steuervergünstigungen, Vermittlung von Wohn- und Arbeitsplätzen, Siedlerstellen u. Ä. Rechnung zu tragen.
Fluchtbewegung über die deutsch-deutsche Grenze
1953, 1961
Seit Gründung der DDR hat sich immer wieder Widerstand gegen das sozialistische Regime gebildet. Das wichtigste Datum in diesem Zusammenhang war gewiss der 17. Juni 1953 mit dem Aufstand in der DDR, der ursprünglich von Bauarbeitern in Ostberlin ausging und dann auf das ganze Land übergriff. Zeichen des Widerstands war allerdings auch die Fluchtbewegung, die auch nach dem Bau der Mauer anhielt. Bis zum Bau der Mauer im August 1961 waren bereits 2,6 Millionen Menschen geflohen (mehr als 10 % der Bevölkerung!!). Die Unzufriedenheit wuchs und mit ihr die Zahl der Flüchtlinge.
Für die Flüchtlinge war nach wie vor Berlin mit seinen freien Zugängen zum Westteil der Stadt das Tor in den Westen. Diese Fluchtbewegung hätte unweigerlich zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR geführt, was wohl dafür ausschlaggebend war, dass Anfang August 1961 Walter Ulbricht auf einem Treffen der Generalsekretäre der kommunistischen Parteien aller Warschauer-Pakt-Staaten in Moskau die Zustimmung zur Abriegelung der Fluchtwege nach West-Berlin erhielt, obwohl er bei dem gleichen Ansinnen Ende März 1961 noch erfolglos war.
Kurz nach Mitternacht wurden am Sonntag, den 13. August 1961 von Einheiten der Volkspolizei, der Volksarmee und von Betriebskampftruppen die westlichen Sektorengrenzen vom Ostteil Berlins abgeriegelt. In wenigen Tagen war die Mauer errichtet. Die Fenster der an der Sektorengrenze liegenden Häuser wurden zugemauert, und die Bewohner mussten ihre Wohnungen räumen. Viele Bürger versuchten zu Beginn des Mauerbaues noch in den Westteil zu fliehen. 320 Ost-Berlinern gelang am 13. August noch die Flucht, obwohl die Grenzsoldaten der DDR auf die Flüchtlinge schossen.
1989
1989 hatte sich die politische Krise in der DDR drastisch verschärft. Als die ungarischen Behörden am 10./11. September ohne Absprache mit der DDR-Regierung allen Fluchtwilligen, die sich in ihrem Land aufhielten, die Ausreise gewährte, kam es zu einem lawinenartigen Exodus wie einst vor dem Bau der Berliner Mauer 1961. Dieses Loch in der Mauer um die DDR, durch das bis Ende September 25.000 Übersiedler in die BRD gelangten, leitete den Zusammenbruch des DDR-Regimes ein. Analog zur Situation in der Zweiten Berlinkrise, ließen die Flüchtlingsströme ein Ausbluten der DDR in kurzer Zeit vermuten. Die zeitgleich in der DDR stattfindenden Bürgerdemonstrationen gegen das Regime setzten die SED-Führung so weit unter Druck, dass nur noch mit der Schließung der Grenzen zu den „sozialistischen Bruderstaaten“ und rigorosen polizeilichen Maßnahmen der Machterhalt hätte gewährleistet werden können. Doch solch ein Schritt hätte blutige Aktionen nach dem Vorbild des 17. Juni erfordert und die DDR weltweit, auch im sozialistischen Lager isoliert.
Am 9. November 1989 gab das Politbüromiglied Günter Schabowski in einer Pressekonferenz die neue Reisefreiheit für DDR-Bürger bekannt und bestätigte damit das Nachgeben der SED-Führung. Diese Aussage leitete das Ende der Mauer ein. Noch in der selben Nacht sollte die Mauer in Berlin, wo sie 28 Jahre lang ihr unmenschliches Gesicht am offensten gezeigt hatte, ihren Schrecken verlieren. Obwohl für die Reisefreiheit der DDR-Bürger noch keine formellen Regelungen getroffen waren, mußten sich die Grenzposten dem Ansturm tausender Ost-Berliner beugen, die in den Westteil der Stadt strömten und dort begeistert empfangen wurden. Am Brandenburger Tor, bei dem Präsident Reagan im Juni 1987 Gorbatschow aufgefordert hatte, das Tor zu öffnen, erklommen Ost- und Westberliner die Mauer und feierten das Ende der Trennung.
Der faktische Fall der Mauer ermöglichte in den folgenden Wochen Millionen von DDR-Bürgern den Besuch der BRD und West-Berlins, wobei die unmittelbare Anschauung der Lebensverhältnisse die Menschen tief prägte. Die Vorstellungen, die DDR reformieren zu können, wichen bald dem Wunsch nach einer alsbaldigen Vereinigung.